Rundfunkgeschichte

Aus RadioWiki
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Die 20er Jahre

Am 29. Oktober 1923 nahm in Berlin im Voxhaus der erste deutsche Rundfunksender seinen offiziellen Betrieb auf. Die ersten erhältlichen Geräte waren alle von der R.T.V. (Reichstelegraphenverwaltung) plombiert, damit der Käufer nicht etwa den Wellenbereich oder andere technische Details ändern konnte. Am Ende des Jahres 1923 waren etwa 1000 Hörer gemeldet. Die meisten Hörer nahmen mit einem einfachen Detektorempfänger, die nur in direkter Sendernähe funktionierten am Hörfunkprogramm teil.

In ländlich geprägten Regionen war das neue Medium den meisten Menschen unbekannt. Es war zudem ein kostspieliges Vergnügen, da leistungsfähige Empfänger benötigt wurden um die weit entfernten Sendestationen zu empfangen. In den linksrheinischen, französisch besetzten Gebieten war der Rundfunkempfang in den Anfangsjahren von der Militärmacht nicht erlaubt.

1924 begann im ganzen deutschen Reichsgebiet ein von Berlin aus angeführtes Radiofieber. In allen großen Städten entstanden Sender mit anfangs noch kleiner Leistung (meist um 1 Kilowatt).

Firmen, die Rundfunkempfänger und Einzelteile herstellten schossen wie Pilze aus dem Boden. Viele dieser oft kleinen Hersteller wollten nur schnelles Geld verdienen und liefen, ohne ausgereifte Technik und ohne Bauerlaubnis der R.T.V., meistens schon nach kürzester Zeit ihrem Ende entgegen. Wer die Zeichen der Zeit übersah ging unter.

Trotzdem - schon Anfang 1926 war die erste Million Radiohörer erreicht. Noch empfingen die Meisten mit billigen Detektorempfängern, welche nur leisen und unsicheren Kopfhörerempfang zuließen. Doch die allgemeine Trendwende hin zum Röhrenempfänger war eingeläutet. In diesen Anfangsjahren bis Mitte 1925 durfte nur Selbstbasteln, wer eine sogenannte "Audionversuchserlaubnis" erworben hatte. Man kann sie mit der heutigen Amateurfunkprüfung vergleichen.

Endlich wurden auch sogenannte Nebensender errichtet. Sie sollten den Empfang in kleineren Städten und in ländlicheren Regionen auch mit billigeren Empfängern verbessern. Ab 1928 setzten sich dann endgültig die komfortablen Röhrennetzempfänger durch. Die teuren und umständlichen Batterien fielen weg.

Die 30er Jahre

Gegen Ende der Zwanziger war erst etwa ein Drittel des Reichgebiets mit sicherem Rundfunkempfang versorgt. Abhilfe wurde erst geschaffen, als man Anfang der Dreißiger die Leistungen der Hauptsender beträchtlich erhöhte.

Auch die Empfangsleistung der Radios wurde immer weiter getrieben. Durch Verbilligungen und neue technische Entwicklungen wurde die Empfindlichkeit und Selektivität von Gerätegeneration zu Gerätegeneration immer mehr gesteigert.

Um 1930, zur Zeit der Weltwirtschaftskrise konnte sich aber fast niemand diese teilweise wirklich guten Apparate leisten. Billigradios überschwemmten den Markt.

Und obwohl bis Ende der Dreißiger Ein- und Zweikreiser zahlenmäßig vorherrschten, begann sich ab 1932/33 der Superhetempfänger mit mindestens 4 Kreisen durchzusetzen. Der Dreikreiser verlor immer mehr an Bedeutung.

1933, dem Jahr von Hitlers Machtergreifung, war auch die Geburtsstunde des politisch forcierten Volksempfängers VE 301W zu 76 Reichmark. Mit ihm sollte der Rundfunk einer größeren Masse von Menschen zugeführt werden. Man garantierte, daß wenigstens der Empfang eines deutschen Reichssenders möglich war. Entgegen der heute weit verbreiteten Ansicht war es mit ihm auch möglich ausländische Sender abzuhören, was jedoch mit Kriegsbeginn 1939 unter Strafe gestellt wurde. 1938 wurde der VE durch zwei neue, noch günstigere Typen ersetzt. Es waren der VE 301dyn zu 65 RM und der DKE 38 (Deutscher Kleinempfänger) zu 35 RM.

Im Gegensatz zu diesen billigen, einfachen Geräten marschierte die deutsche Rundfunkindustrie Ende der 30er Jahre auf ihren ersten Höhepunkt zu. Die Empfangstechnik auf Lang-, Mittel- und Kurzwelle war in den Spitzengeräten dieser Zeit mit Preisen von bis zu 1000 RM für Serienapparate fast schon perfektioniert. Weitere Steigerungen in diesen Bereichen sind bis heute kaum mehr möglich gewesen.

Die vierziger Jahre

Mit dem Ausbruch des Krieges 1939 wurde der größte Teil der industriellen Produktion auf Rüstungsgüter umgestellt. Als Folge waren im Krieg für den Normalbürger so gut wie keine Radios in Deutschland mehr erhältlich. Nur noch zur Beschaffung von Devisen wurden viele teilweise extra entwickelte Spitzengeräte und Kompaktempfänger, sogenannte Zwergsuper, hergestellt und ins Ausland exportiert. Die normale Bevölkerung wurde fast nur noch mit DKEs versorgt. Diese wurden zum Teil unter menschennwürdigsten Bedingungen in Konzentrationslagern zusammengebaut.

Mit dem Ende des 2. Weltkrieges brach die gesamte Produktion in Deutschland endgültig zusammen. Die Herstellung von Empfängern wurde von den Besatzungsmächten verboten. Noch intakte Maschinen mussten oft als Reparationsleistungen ins Ausland abgegeben werden.

Doch unter den Ruinen regte sich neues Leben. Kriegsheimkehrer und Flüchtlinge begannen in den Trümmern wieder zu basteln. Ein Radio war trotz Hunger und Kälte gefragt. Improvisation war lebenswichtig. Hauptsache war, dass die Geräte spielten. Wie sie hergestellt bzw. repariert wurden war eher zweitrangig.

Schon gegen Ende 1945 begannen einige Hersteller wieder in "Serie" zu produzieren. Die hergestellten Empfänger bestanden zum größten Teil aus alten Wehrmachtsbeständen und zerlegten Militärgeräten.

Die große Stunde des Max Grundig war gekommen. Mit seinem Heinzelmann Radiobaukasten, der als Spielzeug galt, umging er das Verbot der Radioherstellung. Es war der Grundstein zu einem Firmenimperium, das vor allem in den 50ern, 60ern und 70ern in Deutschland tonangebend war.

In der Zeit kurz nach dem Krieg war für Geld fast nichts zu haben. Wer keine Bezugsscheine erhielt, musste tauschen. Der Schwarzmarkt wurde für einen Großteil der Bevölkerung zum Warenbeschaffer Nr.1. Wie in den Zwanzigern enstanden wiederum hunderte kleiner Firmen. Den Geräten der Mitte- bis Endvierziger sieht man die herrschende Materialknappheit an. Erst mit der Währungsreform am 20. Juni 1948, waren plötzlich auch wieder Radios für Geld erhältlich. Der Stand der Enddreißiger wurde bei den Spitzengeräten um 1949/50 wieder erreicht. Meist mit Neuauflagen von Geräten aus 1939, von denen noch alte Produktionsanlagen und Konstruktionspläne über den verheerenden Krieg gerettet worden waren.

Die fünziger Jahre

Sie sollten für Deutschland aus rundfunktechnischer Sicht verheerend beginnen. Ab 15. März 1950 stand Deutschland nur noch eine Mittelwellenfrequenz pro Besatzungszone zur Verfügung. Als Ausweg beschlossen schon 1949 führende Köpfe den Ultrakurzwellenrundfunk - kurz UKW - einzuführen, da hier noch nicht genutzte Frequenzen zu haben waren. Aus dieser Not machte man eine Tugend. Der Frequenzumfang und die Störfreiheit dieser neuen "Welle der Freude" war weit besser als jene auf den alten Mittel- und Langwellenbereichen. Deutschland hatte wieder die modernsten Empfänger zu bieten. Viele Länder übernahmen das deutsche UKW-System. Die deutschen Firmen lieferten ihre UKW-Radios gleich mit. Das Wirtschaftswunder nahm seinen Lauf.

Auch das im Jahre 1953 eingeführte Fernsehen sorgte nach schleppendem Start für volle Bücher in den Etagen der Rundfunkindustrie. Deutschland wurde zum Radioexport - Weltmeister. Man war den ausländischen Geräten durch UKW ein paar Jahre im Voraus.

Die Gehäuse der "goldenen" Fünfziger Jahre wurden immer mehr zu farblosem Einheitsmischmasch. Die oft hervorragende Technik wurde in braunen Hochglanzgehäusen und hinter messingfarbenen Zierleisten versteckt. Um 1958 hielt der Transistor Einzug in die Taschengeräte und um 1960 auch in alle anderen Koffergeräte. In den normalen Rundfunkgeräten verweilte die Röhre jedoch noch bis Mitte der Sechziger, in den Fernsehgeräten sogar bis Anfang der Siebziger.

Doch mit dem Aufkommen der Transistoren erlosch der Stern über dem deutschen Rundfunkhimmel langsam aber sicher. Japan holte dazu aus, die hiesige Radioindustrie wie schon zuvor die Amerikanische zu überrollen.

Heute sind fast alle ehemals so klangvolle Namen wie SABA, Grundig, Telefunken, Körting und viele andere nur noch Handelsmarken oder komplett versunken.

Hermann Brunner-Schwer, der 1988 verstorbene ehemalige Chef der SABA - Radio - Werke meinte in seiner Autobiographie "SABA - Bilanz einer Aufgabe" dazu: "An Saba erinnert heute nur noch eine Vertriebsgesellschaft. Auch die Produkte, die über die Organisation angeboten werden, tragen diesen Namen. Woher sie stammen bleibt dem Käufer verborgen. Nur das eine ist sicher: Aus dem Schwarzwald kommen sie nicht."


Quellenangaben:

  1. Abele, Günter F. - Historische Radios in Wort und Bild (Band 1 ), Füsslin Verlag, Stuttgart 1996
  2. Hermann / Kahle / Kniestedt - Der deutsche Rundfunk, R. v. Decker´s Verlag, G. Schenck, Heidelberg
  3. Erb, Ernst - Radios von Gestern, M + K Computer Verlag AG, Luzern - Schweiz